Verabschiedung nach 40 Jahren

Unser Schulleiter geht in den Ruhestand.

 

„Der Teckbote“ berichtete am 22.07.2011

„Treuer und teurer Wegbegleiter“

Die Aula im Oberlenninger Schulzentrum war am Rande ihrer Kapazität. Viele Freunde, Kollegen, Schüler und die Familie wollten die Verabschiedung von Klaus Erlenmaier, Rektor der Realschule in Lenningen, nicht versäumen.

„Wir werden Sie vermissen.“ Diese Aussage war allen der zahlreichen Reden gemein. Recht häufig an diesem Abend fiel aber auch der Name Jason. Das Geheimnis als Erster lüftete Kurt Hiller, Vorsitzender des Förder- und Freundeskreises der Realschule Lenningen im Bildungszentrum Karl-Erhard-Scheufelen-Schule, der zugleich auch als Zehntklässler als einer der ersten den neuen Englischlehrer vor 40 Jahren im Unterricht erleben durfte. Lässig in Jeans und Sakko, mit langen Haaren und Bart war dieser an seinem ersten Schultag in Oberlenningen erschienen und hatte ziemlich schnell seinen Spitznamen weg. „Anfang der Siebzigerjahre gab es die englische Krimiserie Jason King, und unser Englischlehrer hatte eine frapierende Ähnlichkeit mit dem Hauptdarsteller“, verriet Kurt Hiller.

Moderatorin des Abends war Konrektorin Christine van Dornick. Sie durfte die zahlreichen Gäste begrüßen und überreichte Klaus Erlenmaier gleich zu Beginn ein Konfektglas mit 39 süßen, essbaren Steinen. Diese sollen die Jahre darstellen, die ihr Chef in Oberlenningen zunächst als Lehrer, dann als Konrektor und seit 2001 als Rektor verbracht hat. Extra verpackt war das 40. Steinchen. „Es ist etwas Besonderes, denn es symbolisiert für mich unser gemeinsames Jahr, in dem wir zusammengearbeitet haben“, so Christine van Dornick.

Dem Leiter des Staatlichen Schulamts in Nürtingen, Dr. Günter Klein, fiel die Aufgabe zu, Klaus Erlenmaier offiziell in den Ruhestand zu verabschieden. „Es waren 40 gute Jahre für die Schule“, lautete sein Urteil. Er beschrieb den künftigen Pensionär als pädagogisches Urgestein für Lenningen und hatte die Lacher auf seiner Seite, als er augenzwinkernd gar von einem Leitfossil sprach. Günter Klein lässt Klaus Erlenmaier ungern ziehen. „Man spürt den pädagogischen Geist, der hier weht. Hier stehen die Schüler im Mittelpunkt“, so der Schulamtsleiter. Die Lenninger Realschule genieße viel Vertrauen, was er auch an einer Zahl festmachte: 46 Prozent der Schüler haben eine Gymnasialempfehlung.

Für Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht geht eine Ära zu Ende: „Die Schule ist 52 Jahre alt, 40 davon haben Sie mitgeprägt und mitgestaltet – inhaltlich und räumlich.“ Klaus Erlenmaier sei deshalb für Lenningen ein treuer, aber auch teurer Wegbegleiter, meinte er launig. „Als Sie kamen, gab es nur die Häuser A und B. Jetzt sind wir bei Haus G angelangt, haben also fünf weitere Schulgebäude“, begründete der Schultes seine Aussage. Er schätzt den scheidenden Rektor wegen seiner fachlichen Kompetenz. „Wer hier über den Schulhof geht, schaut in selbstsichere Schülergesichter“, so Michael Schlecht.

Den Reigen der Erinnerungen führte Erich Merkle, Rektor der Grund- und Hauptschule Lenningen, fort. Er legt großen Wert auf persönliche Geschenke, die auch einen bleibenden Wert haben. In diesem Fall war es ein versilberter Kaffeelöffel eines Geislinger Unternehmens, der dank eines liebevoll mit chinesischen Schriftzeichen versehenen Rahmens zum Kunstwerk wurde. „Es war ein schöner Brauch, dass wir Lenninger Schulleiter uns einmal wöchentlich zum Informationsaustausch trafen“, begann Erich Merkle die Erzählung. Aus Rücksicht auf den Magen beschlossen er und Klaus Erlenmaier eines Tages, den Kaffee mit Milch zu trinken, doch es gab nur einen Löffel zum Rühren, den Erich Merkle prompt völlig in Gedanken „abschleckte“, bevor er ihn an den Kollegen weiterreichte. Der Realschulrektor löste das „etwas peinliche Problem“, indem er das Corpus delicti verkehrt herum benutzte. Diese Geschichte charakterisiere seinen Kollegen: „Stets zuvorkommend, verantwortlich im Umgang mit den Ressourcen – warum zwei Löffel, wenn‘s einer tut – und nicht um praktische und umsetzbare Lösungen verlegen – einfach sympathisch“, so Merkle.

Carmen Trick vom Katholischen Schuldekanatamt Esslingen-Nürtingen erzählte eine Schüleranekdote über Gott und die Schule und unterhielt die Gäste mit einem Chanson. Für musikalische Unterhaltung zwischen den Reden sorgten die Schulband, die Instrumental-AG und das Lehrersextett. Auch der Elternbeirat hatte extra ein Lied einstudiert, und damit auch jeder klar erkennen konnte, an wen es gerichtet war, hatte jede Sängerin den für Klaus Erlenmaier so typischen grauen Schnauzer angeklebt. Zuvor hatte Elternbeiratsvorsitzende Petra Kohn erklärt, dass im Sinne von Theodor Fontane Abschied nehmen so kurz sein soll wie eine Liebeserklärung und hielt sich auch daran.

Nach dieser Zeitvorgabe richtete sich auch Jürgen Kuch, ehemaliger Schüler von „Jason“ und Schulabgänger des Jahres 1975. Sein Jahrgang durfte miterleben, „wie der junge und gutaussehende Lehrer einer bildhübschen Referendarin den Kopf verdrehte. Die Schmetterlinge im Bauch bekamen wir live mit“, fügte er eine weitere Anekdote hinzu, dem Ehepaar zuzwinkernd.

Karl-Heinz Ritter, langjähriger Lehrer an der Schule, und Junglehrerin Carolin Rehm übernahmen den Part für die Kollegen. Sie warteten mit ein paar Bildern auf, die Stationen aus dem Leben ihres Vorgesetzten zeigten und überreichten ihm ein Gemälde von Lene Rose Gruner – die Künstlerin aus Grabenstetten unterrichtet Mathematik und Kunst an der Lenninger Realschule. Ihre Rede kurz hielten auch die Schülersprecher Leo­nie Graner und Sebastian Gere. Als Fünftklässler hatten sie zunächst ordentlich Respekt vor dem Mann mit dem Bart. „Aber dann haben wir gemerkt, dass Sie eigentlich ein ganz Netter sind.“

„Jetzt komme ich aus der Schule“, sagte Klaus Erlenmaier, dem bei seiner Abschlussrede eine gewisse Wehmut anzumerken war, denn diese Schule ist ihm zur beruflichen Heimat geworden. Er ließ die Zuhörer teilhaben an seinem Verständnis von Pädagogik und Rektordasein. Wer nichts von sich und anderen fordere, mache alle zu Verlierern. „Schule ist weit mehr als Unterricht. Mit ganzen Herzen bin ich Lehrer. Die Schüler sollen merken, dass ich sie mag“, so der künftige Pensionär. Sein Lehrerhandeln habe er danach ausgerichtet, dass die Schüler „ein klein wenig klüger werden“. Außerdem wollte er Lust auf Leistung vermitteln. Fördern, statt verwöhnen, lautet ein weiterer Kernsatz. Doch auf die Schule würden zunehmend erzieherische Aufgaben zukommen. „Aber lernen setzt Erziehung voraus, es braucht diese zivilisatorische Mitgift“, so Klaus Erlenmaier an die Adresse der Eltern. Stolz ist er auf das „Wir-und-unsere-Schule-Gefühl“, das alle gemeinsam erarbeitet haben. „Ich bin froh, dass ich doch relativ gut loslassen und vieles dem Reißwolf übergeben konnte, ohne dass es allzu schwer gefallen ist. Der Realschule werde ich aber immer verbunden und nahe sein“, versprach er – auch im Hinblick auf das mehrfach angesprochene Thema Ehrenamt.